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Presse

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30.04.2020
EuGH-Generalanwältin:
VW hat EU-Recht gebrochen

Für VW sieht es im Diesel-Abgasskandal vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH nach einer Niederlage aus. Im ersten VW-Verfahren (Az. C-693/18) machte die Generalanwältin Eleanor Sharpston klar, dass VW den Dieselmotor EA 189 in unzulässiger Weise manipuliert und somit EU-Recht gebrochen hat. In der Regel folgt das Gericht den Schlussanträgen der Generalanwälte. Mit einer Entscheidung wird in Kürze gerechnet. Damit könnten die Autobauer auf ganzer Linie verlieren. Denn nach Sharpston`s Ausführungen sind in letzter Konsequenz auch das Software-Update zum EA 189 und das sogenannte „Thermofenster“, das in Millionen von Fahrzeugen der meisten Autohersteller zur Anwendung kommt, eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Generalanwältin: Grenzwerte gelten auch im Straßenverkehr

Im ersten verhandelten Fall vor dem EuGH lässt das französische „Tribunal de Grande Instance de Paris“ wichtige Fragen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung klären. Dem Verfahren gegen VW haben sich 1200 Nebenkläger angeschlossen. Für die französische Justiz ist klar, dass laut der EG-Verordnung 715/2007 jeder Hersteller sein Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 so konstruieren muss, dass die zulässigen Emissionswerte unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen sind daher unzulässig. Außer sie dienen zum Schutz des Motors.

In ihrem Schlussantrag betätigte Generalanwältin Eleanor Sharpston die Sichtweise des französischen Gerichts. Eine Abschalteinrichtung stellt nach Ansicht der Generalanwältin ein Konstruktionsteil dar, „das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird“. Übersetzt lassen sich die Ausführungen so interpretieren, dass auch das sogenannte Thermofenster, das die meisten Autohersteller in ihre Fahrzeuge installieren, um so die Abgasrückführung zu regulieren, eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.

Zum Schutz des Motors ist laut Sharpston eine Abschalteinrichtung durchaus zulässig. Dabei erfasst diese Ausnahme nach Ansicht der Generalanwältin nur den Schutz des Motors vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden (und nicht vor langfristigeren Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust). Die Generalanwältin ist der Ansicht, „dass nur unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen, das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung rechtfertigen können.“ Aus Sicht der Generalanwältin rechtfertigt das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung. Gerade damit haben die meisten Hersteller vor Gericht argumentiert. Dieser Begründung dürfte nun ein Riegel vorgeschoben werden.

Sharpston erläutert weiter, dass es Sache des nationalen Gerichts sein wird, festzustellen, ob die fragliche Vorrichtung unter diese Ausnahme fällt. Angesichts dieser in dem Gutachten enthaltenen Feststellung ist die Generalanwältin der Auffassung, dass die fragliche Abschalteinrichtung nicht notwendig erscheint, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.

Sharpston merkt weiter an, dass die Automobilhersteller nach der Verordnung Nr. 715/2007 dafür zu sorgen haben, dass die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionsgrenzen während ihres gesamten normalen Betriebs einhalten. Damit ist auch das Argument der Autohersteller hinfällig, dass die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einzuhalten sind.

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29.04.2020
Autobauern droht am EuGH Waterloo

Im fünften Jahr des Diesel-Abgasskandals von VW schlägt am Europäischen Gerichtshofs EuGH in Luxemburg die Stunde der Wahrheit. Erstmals wird am 30. April 2020 in einem Diesel-Verfahren gegen die Volkswagen AG ein Schlussantrag gestellt (Az. C-693/18). Ist im Motor EA 189 eine unzulässige Abschaltreinrichtung verbaut? Hat VW die Verbraucher getäuscht? Wann ist eine Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors zulässig? Auf diese Fragen will die Generalanwältin Eleanor Sharpston Antworten geben. Das Gericht folgt in der Regel den Ausführungen des Generalanwalts.

Autobauer stehen im Abgasskandal auf verlorenem Posten

Bei diesem Termin im Diesel-Abgasskandal von VW steht die ganze Branche auf dem Prüfstand. Mittlerweile steht nicht nur VW, sondern auch die anderen Automobilhersteller wie Daimler, BMW, Opel, Volvo, Suzuki und Fiat unter Verdacht das Abgaskontrollsystem mit Hilfe von sogenannten Abschaltreinrichtungen manipuliert zu haben.

In der neuen Motorengeneration der meisten Hersteller kommt das sogenannte „Thermofenster“ zum Einsatz. Eine temperaturabhängige Abschalteinrichtung, die dazu führt, dass die normgerechte Abgasreinigung nur an wenigen Monaten im Jahr funktioniert. Das sei alles zum Schutz des Motors, behauptet die Automobilindustrie, und im Übrigen sind die Abgasgrenzwerte ausschließlich auf dem Prüfstand und nicht im Realbetrieb auf der Straße einzuhalten.

Mit diesen abenteuerlichen Argumenten kann der EuGH jetzt endgültig aufräumen. Nachhilfe für die Automobilindustrie gibt es bereits vom Europäischen Gericht. Nach dessen Auffassung müssen die Grenzwert der Normen Euro 5 und Euro 6 im Realbetrieb genauso eingehalten werden, wie auf dem Prüfstand (Urteil vom 13. Dezember 2018, Az. T-339/16). Eigentlich logisch. Warum sonst schreibt der Gesetzgeber sonst Grenzwerte vor?

Spannend wird es bei der Frage, ob der Schutz des Motors notwendig ist. Denn tatsächlich gibt es eine Ausnahmebestimmung im EU-Recht. Und diese wird von den Zulassungsbehörden und den Autoherstellern extensiv ausgelegt. Die Behörde müssen die Fahrzeuge mit dieser Art von Abschalteinrichtung genehmigen. Nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) 715/2007 ist eine Abschalteinrichtung zulässig, wenn sie "notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung" zu schützen. Die Reinigung des Abgassystems, so argumentieren die Autobauer, könne bei bestimmten Temperaturen nicht so gut funktionieren, ohne den Motor zu schädigen. Daher wird sie einfach abgeschaltet und die Verpestung der Luft in Kauf genommen. Das Argument leuchtet ein, wenn man an Bedingungen wie im finnischen Polarwinter oder an die Temperaturen in der Sahara denkt. Doch das Thermofenster schaltet die Abgasreinigung schon bei Temperaturen ab, die in Deutschland völlig normal sind. Letztlich funktioniert die Reinigung nur zwei, drei Monaten des Jahres.

Wie weit jetzt der Motorschutz gehen darf, darüber wird der EuGH im ersten Verfahren urteilen müssen. Und dabei ist kaum vorstellbar, dass das Gericht die Ausnahme zum Regelfall erklären wird. Zumal auch ganz offensichtlich ist, warum die Autobauer auf das Thermofenster setzen. Mit Hilfe von Katalysatoren könnte die Abgasreinigung zum gewünschten und gesetzlich vorgeschriebenen Ergebnis führen. Software hingegen ist günstiger. Dass es auch anders geht, zeigt BMW in den USA. Nach einem Frontal-Bericht ist im Modell X3 ein sogenannter SCR-Katalysator mit AdBlue-Technik eingebaut worden. So kann der Wagen auch bei niedrigen Temperaturen die Abgaswerte einhalten, ohne dass das Fahrverhalten beeinträchtigt wird. Auf europäischen Straßen findet sich die Technik aber nicht in dem Modell, obwohl für den AdBlue-Tank sogar eine Einbuchtung vorgesehen ist. Autobauer müssen nach einer Leitlinie der EU-Kommission immer die bestmögliche Technik für ihre Fahrzeuge verwenden. Schließt sich der EuGH dieser Argumentation an, fahren auf europäischen Straßen Millionen von Fahrzeugen, die über keine rechtmäßige Typenzulassung verfügen. Eine gigantische Rückrufwelle müsste das zur Folge haben.
 
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BMW zahlte 8,5 Millionen Euro Geldbuße im Diesel-Abgasskandal

BMW ist bisher im Dieselgate kaum auffällig geworden. Bis auf einen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes KBA und einer Geldbuße über 8,5 Millionen Euro ist noch nicht viel passiert. Dann berichtete die Süddeutsche Zeitung im März 2020, dass ein Dieselmodell der 7er-Reihe von BMW trotz eines Software-Updates zu viel Stickoxid ausstößt. Vor dem vom KBA angeordneten Zwangsrückruf lag der Stickoxid-Ausstoß bei 608 mg/km. Nach dem verpflichtenden Software-Update war er mit 564 mg/km noch immer sieben Mal höher als der zulässige Prüfstandwert (80 mg/km).

Die Staatsanwaltschaft München hatte seit 2018 im BMW Diesel Skandal ermittelt und nach illegalen Abschalteinrichtungen gesucht. Sogar die BMW Zentrale war von Polizisten durchsucht worden. Im Februar wurde BMW zu einem Bußgeld von 8,5 Millionen Euro verurteilt. Die Ermittlungen wurden damit eingestellt. Das Bußgeld wurde aufgrund der fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht verhängt. Es konnte allerdings keine illegale Abschalteinrichtung in den BMW Fahrzeugen gefunden werden. Stattdessen war es wohl so, dass irrtümlich in den betroffenen Fahrzeugen BMW M550d und BMW 750d die falsche Software verwendet worden war. Diese war eigentlich für andere Modelle gedacht und sorgte nun, in den falschen Modellen genutzt, für erhöhte Stickoxidwerte auf dem Prüfstand und auf der Straße. Laut der Staatsanwaltschaft habe BMW es versäumt, diese Fehler durch eine geeignete Qualitätssicherung zu verhindern. Der Vorwurf des Betruges habe sich nicht bestätigt, BMW habe keine Gesetze missachtet und keine Abgaswerte für bessere Ergebnisse auf dem Prüfstand manipuliert, so die Staatsanwaltschaft weiter.

Den hohen Wertverlust können jedoch auch diese Aussagen nicht verhindern – BMW Diesel Fahrer müssen trotzdem mit großen Nachteilen leben. Fahrverbote, Wertverlust, unsichere Folgen durch das Software-Update

Im Gegensatz zu VW und Daimler ist BMW bisher gut weg gekommen. Die Strafe fiel recht gering aus und keine Manager sitzen in Haft. Doch der Abgasskandal hat gezeigt, dass die Wahrheit nur häppchenweise ans Licht kommt. Auch bei BMW hieß es zunächst „Wir haben Diesel, die sauber sind.“ Doch dann kam der „Fehler“ ans Licht und die viel zu hohen Stickoxidwerte. Wer weiß, ob dieser Fehler bald nicht auch in noch viel mehr Autos entdeckt wird? Wirklich sicher sein kann sich im Diesel Abgasskandal kaum ein Dieselfahrer. BMW, VW, Daimler und auch viele ausländische Autobauer haben dafür gesorgt, dass der Glaube an den sauberen Diesel schwer erschüttert wurde. Gerade die deutsche Autoindustrie musste und muss noch immer mit einem großen Reputationsverlust leben.
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